Im Rahmen der Ereignisse rund um den Abgang von Trainer Darko Milanic und der Bestellung von Franco Foda zum neuen/alten Cheftrainer empfinden wir die Notwendigkeit, einige grundlegende Beobachtungen und Standpunkte kundzutun. Eingangs legen wir großen Wert darauf, festzuhalten, dass es uns seit jeher fern liegt, in Angelegenheiten wie der Trainersuche oder generell rein sportlichen Entscheidungen mitzumischen. Das sollte ohnedies hinlänglich bekannt sein, zumal uns allen die dafür notwendige Qualifikation fehlt. Vielmehr geht es uns darum, wie diese Entscheidung zustande kam und abgelaufen ist und welche maßgeblichen strategischen und strukturellen Fragen sie aufwirft.
Ein Rückblick
Bekanntlich hat sich die damals neu angetretene Führung des SK Sturm vor bald 3 Jahren das ambitionierte Ziel gesetzt, den Klub neu aufzustellen und, neben einem klaren Leitbild, professionelle Strukturen basierend auf einem zeitgemäßen Konzept einzuführen. „Paradigmenwechsel“ lautete das Schlagwort, mit dem man plakativ die Abkehr von der systematischen Planlosigkeit, die bei unserem Verein Einzug gehalten hatte, greifbar machen wollte. Nicht zuletzt zielte dieser massive Einschnitt darauf ab, die Hierarchien im Verein sinnvoll zu verteilen, was ganz konkret auch die Rolle des Trainers Franco Foda betraf. Dieser nämlich hielt noch in weitaus gewichtigeren Bereichen als nur am Spielfeld die Zügel fest in der Hand und prägte die Ausrichtung des Vereins maßgeblich. Dass ihm selbst das nicht zum Vorwurf gemacht werden darf, möchten wir ausdrücklich betonen. Er füllte lediglich ein Machtvakuum und nahm sich zusätzlicher Aufgaben an, traf Entscheidungen, die sonst niemand zu treffen im Stande oder gewillt zu treffen war. Unsere Kritik zielte stets auf den Mangel an Struktur ab, der ein solches Ungleichgewicht überhaupt erst zuließ.
Da wir jahrelang immer wieder mit erhobenem Zeigefinger darauf hingewiesen hatten, wie dringend der oben angesprochene Wandel erforderlich war und weil man uns glaubhaft vermitteln konnte, dass die Vorhaben nicht nur vielversprechend und überzeugend, sondern auch ernst gemeint waren, haben wir dieses Projekt „Sturm Neu“ von Anfang an unterstützt. Selbstverständlich waren wir uns im Klaren darüber, dass die beabsichtigten Veränderungen sehr viel Zeit brauchen würden und man Geduld haben müsse. In monatlich stattfindenden Treffen mit der Geschäftsführung und im Zuge anderer Projekte und Arbeitsgruppen, in denen wir die Möglichkeit haben, uns einzubringen und mitzuhelfen, versuchen wir seitdem, konstruktive Kritik zu äußern, notwendige Dinge einzufordern und produktiv mitzugestalten und auch selbst anzupacken, wo immer es Sinn macht. Entgegengesetzt dem Beispiel vieler Besserwisser und Einmischer im Verein haben wir uns auch in schwierigen Momenten, die es in den letzten Jahren ja zu Hauf gab, bewusst mit öffentlicher Kritik zurückgehalten, um den Neuaufbau nicht zu stören. Immer wieder wurden Stimmen laut, auch in den eigenen Reihen, dass man in manchen Fragen wahrnehmbarer Stellung hätte beziehen und Fehlentwicklungen wie früher lautstärker hätte anprangern müssen. Diesen Aspekt haben wir oftmals hinterfragt, kamen jedoch bis dato immer zu dem Schluss, dass gewisse Fehlschläge Teil der Umgestaltung seien. Jetzt allerdings sehen wir den Moment gekommen, an dem wir offen hinterfragen möchten, inwiefern man nach 3 Jahren „Geburtswehen“ den Weg der Neuausrichtung nach wie vor beschreitet oder ob man diesen mit der jüngsten Personalentscheidung nicht endgültig verlassen hat, um wieder in die ursprüngliche Situation zurückzukehren.
Die aktuelle Situation
Es steht außer Zweifel, dass die aktuelle Führung des SK Sturm weitaus professioneller arbeitet, als uns das ihre Vorgänger vermittelt haben. Der Klub wurde administrativ neu aufgestellt und scheint wirtschaftlich modern und vernünftig geleitet zu werden. In unseren Kernthemen, dem Kundenservice und der Betreuung der Anhänger, konnten wir uns beispielsweise selbst davon überzeugen, dass zahlreiche Konzepte und Maßnahmen ausgearbeitet wurden, die zu einer nachdrücklich merkbaren Verbesserung der Situation beigetragen haben. Dennoch sind wir der Meinung, dass vor allem dann, wenn es um große Brocken geht, professionelle Vereinsstrukturen noch immer nicht zur Gänze umgesetzt wurden und der angekündigte Paradigmenwechsel nicht vollzogen worden ist.
Am drastischsten wird das augenscheinlich wann immer Personalentscheidungen mit großer Tragweite zu treffen sind. So wird einerseits unentwegt von umfassenden Anforderungsprofilen philosophiert, um dann (präsidiale) Schnellschüsse ohne jegliche fachliche Grundlage à la Paul Gludovatz oder Ayhan Tumani zu tätigen, mit denen man sich nur noch tiefer in die Bredouille manövriert. Es ist zudem hinlänglich bekannt, dass zwar der Großteil der Sturmfans – so auch wir – in Jubelstürme ausbrach, als man mit Darko Milanic den Wunschtrainer vieler geholt hat, aber auch diese Entscheidung auf keinerlei Erfüllung irgendeines fachlichen Bedarfs basierte. Und genau dieses Eindruckes können wir uns angesichts der Geschehnisse der letzten beiden Wochen abermals nicht erwehren. Rund 20 Trainer sollen laut der in den Medien getätigten Aussagen zur Debatte gestanden, auf ihre Kompatibilität mit dem vereinseigenen Anforderungsprofil durchleuchtet und kontaktiert worden sein, nur um dann in scheinbar allerletzter Minute doch wieder in alte Schemata zurückzufallen und sich für das vermeintlich geringste Risiko zu entscheiden?
Das führt uns zu dem Fazit, dass, wenn es um die „Wurst“ geht, sämtliche Strukturen und Ideen wieder über Bord geworfen werden. Dazu passt es dann auch gut, dass sich die Geschäftsführung jüngst auch öffentlichkeitswirksam vom Wandel verabschiedet hat, da man „Sturm Neu nicht mehr hören könne“.
Besonders sauer stößt uns der fehlende Mut auf, der sich durch wichtige Entscheidungen zieht. Natürlich ist der Druck, gerade ob der anhaltenden sportlichen Misere groß. Bei guten Resultaten wäre das besonnene Arbeiten im Hintergrund fraglos einfacher. Außerdem mag es wohl von außen ungleich leichter aussehen, die Geschicke eines Vereins wie Sturm zu lenken, wo zahlreiche Interessensgruppen und verschiedenste Strömungen hineinzupfuschen versuchen und oft nicht zimperlich mit öffentlicher Kritik und Unmutsäußerungen sind. Gerade in diesem Punkt wollen und dürfen wir uns selbst nicht ausnehmen.
Nichtsdestotrotz ist es für uns nicht nachvollziehbar, wie sehr man sich immer wieder von all den Nörglern und Besserwissern beeinflussen lässt, und zwar speziell bei essentiellen Themen. So fehlt uns jegliches Verständnis dafür, dass sich Kapazunder aus der Wirtschaft und Verwaltung am Gängelband eines Blogs von Hobbyjournalisten halten und vor sich hertreiben lassen. Es ist bedauerlich zu sehen, dass nach anfänglichen mutigen Schritten, Fehler in der Personalpolitik dazu geführt haben, dass man sich heute nicht mehr traut, die 2012 versprochenen Kriterien anzuwenden. Stattdessen hat der Weg des geringsten Widerstandes in Messendorf Einzug gehalten.
Sicherlich ist dieser Eindruck auch der Außendarstellung des Vereins geschuldet. Nach wie vor tritt man äußert patschert in den Medien und der Kommunikationspolitik auf. Man fühlt sich an Politiker erinnert, wenn nach den letzten Jahren die gute sportlichen Entwicklung und erfolgreichen vorangegangenen Jahre beschworen oder vollmundige Ankündigungen von 3-Jahresplänen, Einbau der Jugendspieler oder modernen taktischen Konzepten von der Kampfmannschaft bis zu allen Jugendmannschaften verlautbart werden. Klartext statt Schönfärberei, konkrete Ansagen statt Marketing-Gags wollen wir, wollen die Fans hören. Und man möge sich bitte endlich der Pressearbeit annehmen, damit Pressekonferenzen nicht zu Hollywood-Dramen mutieren oder Informationen in heißen Phasen nicht tröpfchenweise und per SMS an die Öffentlichkeit durchsickern.
Was bringt die Zukunft?
Für uns stellt sich trotz grundsätzlich konstruktiver Basis nun die Sinnfrage, was die Zusammenarbeit mit unserem Verein betrifft. Wir vermissen die klare Linie und die Resultate in wichtigen Fragen. Mehr denn je in den letzten 3 Jahren sehen wir uns vom ursprünglich eingeschlagenen Weg abgekommen. Es bleibt abzuwarten, wie man schlussendlich mit anderen großen und heiklen Projekten wie der Stadionfrage oder der versprochenen Generalversammlung umgeht.
Nochmals und explizit wollen wir hervorheben, dass wir nicht mit der Person Franco Foda als Trainer hadern, hierzu hat wohl jeder Sturmfan seine eigene Meinung. Wie immer in der Vergangenheit bekommt der neue Coach eine faire Chance und unsere vollste Unterstützung. Wir wollen lediglich unserer Befürchtung Ausdruck verleihen, dass seine neuerliche Bestellung einen fatalen Rückschritt in alte Muster bedeuten könnte, indem er über kurz oder lang wiederum das bestehende Vakuum in der sportlichen Leitung und Entscheidungsfindung des Vereins ausfüllen könnte und letzterer zu sehr von einer einzigen Person abhängig wird. Des Weiteren erhoffen und erwarten wir uns, dass die immer wieder angekündigte sportliche Philosophie von Sturm (Einbau von jungen Spielern, attraktive und moderne Spielweise) nun endlich umgesetzt wird.
Das heutige Spiel
Wir, die organisierten Fangruppen der Nordkurve, werden am heutigen Samstag wie gewohnt unsere Mannschaft unterstützen und versuchen, unseren Teil dazu beizutragen, dass die drei Punkte, die heute ausgespielt werden, in Graz bleiben. Weder trägt die Mannschaft an der aktuellen (Fehl-)Entwicklung Schuld, noch können wir Franco Foda vorwerfen, ein Angebot des SK Sturm angenommen zu haben. Wie schon mehrmals in diesem Text betont, werden wir ihm eine faire Chance geben.
Dennoch wollen wir noch einmal hervorheben, dass wir in Zukunft noch genauer auf die Entwicklung des Vereines blicken werden, egal ob es um das Versprechen, dass sich der Trainer in die bestehenden Strukturen einpassen wird, seine autoritäre Art abgelegt und sich auch einem modernen Stil verschrieben hat, geht oder um die Weiterentwicklung von „Sturm Neu“, die uns – auch wenn es anderen schon zum Hals heraus hängt – nach wie vor ein großes Anliegen ist. Sollten wir hier eine Entwicklung erkennen, die sich mit den großen Ankündigungen der letzten Tage und Jahre nicht deckt, behalten wir uns auch vor, diese in Zukunft bei Bedarf auch wieder öffentlich zu kommentieren.
Die Fangruppen der Nordkurve, Graz am 04.10.2014
Stellungnahme der Fangruppen als PDF