SK Sturm Graz – FC Rubin Kasan 2:3
Donnerstag, 30. Juli 2015, 19:00 Uhr
Stadion Liebenau, 9.800 Zuseher (ca. 10 Gästefans)
Europa League 2015/16, Hinspiel zur 3. Qualifikationsrunde
Throwback
West Ham, Sampdoria, Saint-Etienne und andere Namen geisterten bereits wochenlang in den Köpfen vieler Sturmknoffel herum. Der eine oder andere Reiseplan lag gar schon ausgearbeitet in der Schublade, andere malten sich bereits aus, wie hunderte oder gar tausende Schwoaze ein fremdes Stadion zum Brodeln bringen. „Hauptsache nicht wieder in den Osten“, lautete der Tenor der meisten Sturmfans und die Chance war groß wie selten zuvor, dass dieser Wunsch in Erfüllung gehen würde.
Bitteres Erwachen
Der Rest ist Geschichte. Am 17. Juli zu Mittag brachte die Auslosung das zum Vorschein, was man bereits den ganzen Vormittag befürchten musste. Statt Southampton oder Skandinavien hieß es wieder einmal: Auf in den Osten. Doch nicht nur das, es wartete auch sportlich eine besonders schwere Aufgabe auf den SK Sturm, denn der FC Rubin Kasan ist weithin als fixe Größe im europäischen Klubfußball bekannt. Unattraktiv und eine scheinbar unüberwindbare Hürde, kein Wunder, dass blankes Entsetzen regierte.
Immer weiter
Aber es half kein Jammern und kein Hadern und schnell wurden wieder die Ärmel aufgekrempelt. Während sich die Fanreise an die Wolga zu einem wahren Selbstläufer entwickelte, lief der Kartenverkauf für das wichtige Heimspiel eine Woche zuvor eher schleppend. Einzig die Kurve schien in wirklicher Europacup-Stimmung zu sein: Die Fangruppen arbeiteten schon Tage vor dem Spiel emsig an der Choreographie und die Tickets für die Nordkurve waren schnell vergriffen.
Strahlende Kurve statt eines funkelnden Rubins
So war es auch kein Wunder, dass bereits beim Aufwärmen der Mannschaften klar wurde, dass die Kurve an diesem Tag alles tun würde, um die Schwoazen zu einem guten Hinspielresultat zu brüllen. Zu Spielbeginn wurde diesem Ansinnen dann auch noch optisch Nachdruck verliehen. Das Motto „Heller als jeder Rubin erstrahlt Europa, wenn die Schwoazen spielen“ wurde mittels mehrerer glänzender Blocküberzieher im gewohnten Balkenmuster aus den Farben Schwarz, Weiß und Grün sehenswert umgesetzt und sollte die Basis für einen würdigen Europacup-Abend bilden. Eine Gegenseite war an diesem Tag nicht vorhanden und die Rubin Ultras ließen sich aus welchen Gründen auch immer nicht in Graz blicken, da hätte man sich doch etwas mehr erwartet.
Hoffnungsvoller Beginn
Die Mannschaft startete dementsprechend engagiert in die Partie und konnte anfänglich durchaus druckvoll agieren, ohne aber für größere Gefahr zu sorgen. Doch wie so oft wurde man vom Gegner, der wenn er mal nach vorne kam, stets gefährlich war, bei einer der ersten Angriffsbemühungen eiskalt erwischt und geriet in Rückstand. Das tat den Anfeuerungen der Kurve an diesem Tag jedoch keinen Abbruch und so konnte man nach rund 20 Minuten über den verdienten Ausgleich jubeln. Der exzessive Torjubel war kaum verstummt und schon stand es bereits wieder 1:2 – dies konnte nicht einmal der ansonsten überragende Michael Esser verhindern.
Es sollte nicht sein
Die Elf am Feld versuchte auf diesen Rückschlag noch motivierter zu reagieren, was sich in der zweiten Halbzeit auch immer mehr auf die Kurve übertrug. Die Anfeuerungen wurden immer lauter und wie gewohnt wurde jeder Eckball und jeder Einwurf in der gegnerischen Hälfte frenetisch bejubelt. Ja, das Sturm-Publikum ist dankbar. Eine dieser Ecken sollte dann auch für den Ausgleich sorgen. 2:2! Jetzt schien wieder alles möglich, das „Momentum“ lag auf der Seite von Sturm und das Stadion kochte. Doch wieder erfolgte nur wenige Minuten später die kalte Dusche: 2:3! Nun war erneut Kampfgeist gefragt. Eine mehr als entbehrliche rote Karte tat aber allen Bemühungen einen jähen Abbruch. Danach zeigte sich wie so oft, dass Sturm – im Gegensatz zu anderen österreichischen Spitzenklubs, die selbst mit einem Mann weniger einen Rückstand aufholen können – wenn es darauf ankommt keine Siegermentalität ausstrahlen kann. Physisch zwar weiterhin bestrebt aber ohne Glauben an sich selbst trottete die Mannschaft über das Feld und konnte kaum mehr Gefährlichkeit ausstrahlen. Auch die Kurve war zwar immer noch bemüht, ergab sich aber ebenso ein wenig ihrem Schicksal und die Gesänge wurden wieder etwas leiser.
Mit dem Schlusspfiff war das denkbar ungünstige Resultat amtlich. Ein Aufsteigen wäre nun nicht nur ein „Wunder von Kasan“ sondern auch historisch – Sturm hat auswärts im Europacup noch nie mit 2 Toren Unterschied gewonnen. Doch so schlecht wie die Voraussetzungen auch sind: Die über 120 mitgereisten schwarz-weißen Ritter aus Leidenschaft werden alles Menschenmögliche tun, um der Mannschaft den Glauben an sich selbst einzuimpfen.
-McHaggis-
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