Fans von 15 verschiedenen Vereinen trafen sich in Linz, um über gemeinsame Anliegen, Probleme und zukünftige fanpolitische Strategien zu beraten. Trotz aller Rivalitäten herrschte auf der Gegenveranstaltung zum von Bundesliga und ÖFB organisierten Fankongress eine beachtliche Einigkeit. Das Fazit des alternativen Fankongress fällt sehr optimistisch aus: Die Fans wissen was sie wollen und werden geschlossen dafür kämpfen.
Fanvertreter_innen von Vereinen der 1. Liga bis ins Unterhaus trafen sich, um über gemeinsame Anliegen zu beraten. In dieser Breite war dieser selbstorganisierte Fankongress einzigartig. Von Vorarlberg bis Wien, von Linz bis Klagenfurt, wurde letztlich ein vielfältiges Spektrum abgedeckt und auf Augenhöhe diskutiert. Sehr schnell zeigte sich, dass sich die Probleme an den unterschiedlichen Standorten und den jeweiligen Fanszenen ebenso gleichen wie die Anliegen. Hinsichtlich der Kommunikation mit Liga und ÖFB sind wir uns ohnehin bereits seit Sommer einig: Diese ist bis auf weiteres völlig eingestellt.
Bundesliga und ÖFB luden dennoch zu einem Fankongress, der von sämtlichen Fanszenen boykottiert wurde. Stattdessen wurde in unmittelbarer örtlicher und zeitlicher Nähe der „alternative Fankongress“ organisiert. Dadurch wurde deutlich gemacht, dass es sich dabei bewusst um eine Gegenveranstaltung zu jener der Verbände handelt. Außerdem wurde der Veranstaltungsort aus praktischen Gründen gewählt: Die Bundesliga wies die Vereine nämlich darauf hin, dass die Teilnahme an ihrem Fankongress ein Lizenzkriterium sei und ein Boykott durch die offiziell genannten Fanbeauftragten dementsprechend geahndet würde.
Während wir am alternativen Fankongress von 10 Uhr Vormittag bis in die Abendstunden diskutierten, war die Pflichtveranstaltung der Bundesliga nach nur zwei Stunden zu Ende. Der offizielle Fankongress erwies sich als Flop. Während dort wohl das Resümee bleibt, dass außer „Spesen nichts gewesen“ ist, war der alternative Fankongress ein voller Erfolg.
Den Hauptteil des Programms bildeten vier Workshops. Deren Themen waren:
- Eintrittspreise und Infrastruktur,
- Spielansetzungen,
- Stadionverbote und Kommunikation sowie
- Staatliche Repression.
Dabei wurden Probleme erörtert, gemeinsame Vorstellungen abgesteckt und vor allem an Lösungen gearbeitet und Alternativen gesucht, um den österreichischen Fußball fanfreundlicher zu gestalten. Das zentrale Ziel ist es, mehr Menschen für den Fußball zu begeistern und das Stadionerlebnis zu verbessern. Der Fußball soll für alle zugänglich und vor allem leistbar sein.
Auf Basis der vier Workshops wurde gemeinsam ein Forderungskatalog erarbeitet, mit denen die einzelnen Fanvertretungen an ihre Vereine herantreten werden. Dadurch soll deutlich werden, dass die Bundesliga nicht alleine die Verantwortung trägt. Immerhin ist diese nichts anderes als ein Zusammenschluss aller Vereine und demnach bestimmen diese was passiert.
Wir haben uns dazu entschlossen, diesen Katalog nicht voll umfassend zu veröffentlichen. Durch diese Vorgehensweise sollen die Vereine die Möglichkeit haben, sich in Ruhe inhaltlich tiefgehend damit zu befassen. Letztlich muss es im Interesse eines jeden Vereins sein, sich in den Institutionen für seine Fanbasis einzusetzen. Das ausgearbeitete Papier besteht jedoch nicht nur aus Forderungen, sondern zeigt Alternativen auf.
In dieser Aussendung wollen wir jedoch drei Eckpfeiler dieses Forderungskatalogs herausstreichen:
Fußball muss bezahlbar sein
20 Euro für ein Cupspiel der 2. Runde auf einem Fußballfeld ohne Tribüne. Eintrittspreise über 30 Euro für ein Spiel der österreichischen Bundesliga. Wer volle Stadien will – so wie das die Bundesliga stets kommuniziert – und dem Zuschauerrückgang der letzten Jahre entgegenwirken möchte, muss auch für ein Umfeld sorgen, das für Fans akzeptabel ist. Ein Stadionbesuch muss für Familien erschwinglich sein. Dazu gehört auch eine ordentliche Verpflegung, bei der das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.
Außerdem fordern wir die Vereine dazu auf, für sämtliche Auswärtssektoren einen Einheitspreis von 12 Euro einzuführen, um dadurch eine stimmungsvolle Atmosphäre zu unterstützen und die kostspielige Anreise der Auswärtsfans zu würdigen.
Samstag muss wieder Hauptspieltag sein
Fußball wird für Fans in den Stadien gespielt und nicht für anonyme Zuschauer vor dem Livestream oder vor dem Fernseher. Daraus leitet sich die Forderung ab, dass der Samstag wieder „Hauptspieltag“ werden muss. Wenn die Fans des SK Sturm zum Beispiel über 270 Tage hindurch kein Spiel mehr an einem Samstag sehen können, dann kann die Liga nicht mehr von fanfreundlichen Spielzeiten sprechen. Das oft gebrachte Argument der besseren und langfristigen Planbarkeit, ist ein vergleichsweise äußerst schwacher Trost.
Gleiches gilt auch für den von allen Fans der 2. Liga ungeliebten 10:30 Uhr Spieltermin am Sonntag. Sollte das TV-Rechte-Diktat Verbesserungen blockieren, müsste die Forderung nach einer Rückkehr der Liga ins Free-TV dringend erneuert werden.
Keine Stadionverbote ohne gerichtliche Verurteilung
Stadionverbote werden in den meisten Fällen aufgrund einer Datenübermittlung der Polizei verhängt. Das bedeutet, dass bereits eine Anzeige in der Regel zu einem Stadionverbot führt. Die Unschuldsvermutung wird von der Paralleljustiz des ominösen „Komitees für Prävention und Stadionverbot“ ignoriert. Im Falle der Einstellung des Verfahrens oder eines Freispruchs müssen sich die Betroffenen selbst um eine Aufhebung kümmern und Protest gegen das Stadionverbot einlegen. Diese Praxis muss umgehend aufhören, denn sie ist eines Rechtsstaats unwürdig. Wir sind der Meinung, dass es deutlich zielführendere Alternativen gibt als willkürliche Stadionverbote.
Ignoranz erfordert Reaktion
Die Teilnehmer_innen des alternativen Fankongresses stehen den Protagonisten aus Bundesliga und ÖFB nicht unversöhnlich gegenüber. Allerdings ist ihr Umgang mit uns Fans äußerst fragwürdig. In der Einladung zum eigenen Fankongress spricht die Bundesliga sogar davon, dass die Einladung der Fans lediglich ein unverbindliches Entgegenkommen sei. Wir meinen: Eine respektvolle Kommunikation mit Fans ist der einzige Weg, seriöse Fanarbeit zu betreiben. Falls die Verbände immer noch glauben, sie können Probleme und Konflikte lösen, indem sie diese totzuschweigen oder auszusitzen versuchen, dann wollen wir ihnen diese Illusion hiermit nehmen.
Obwohl es nicht anders erwartet wurde, ist das geringe mediale Interesse für diese konstruktive Art der Kommunikation ernüchternd. Die österreichische Fanszene wird daher andere Mittel und Wege finden müssen, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen.
Solange es von Vereinen und Verbänden kein Entgegenkommen gibt, werden wir Fans uns umso vehementer für Verbesserungen einsetzen. Eines wurde am alternativen Fankongress deutlich: Wir österreichischen Fußballfans wissen was wir wollen und werden entschlossen für einen fanfreundlichen Fußball kämpfen.
Altacher Jungs – Curva Viola Austria Salzburg – Faninitiative Innsbruck – Fanszene Austria Klagenfurt – Fanszene Vorwärts Steyr – Freund*innen der Friedhofstribüne – Gate 2 Admira – Kollektiv 1909 – Landstrassler – Nordtribüne Lustenau – Rechtshilfe Rapid – Stahlstadt Kollektiv – Vienna Supporters – Weststand Ried im Innkreis – Wolfbrigade 04 St. Pölten