Stell dir vor, es ist Kick, und keiner kann hin…
Fast 100 Tage nach der Corona-bedingten Saisonunterbrechung ist es nun so weit. Das obere Play-Off der österreichischen Bundesliga startet – vor leeren Tribünen. Liest man sich durch die Kommentare und Expertenmeinungen, die in den letzten Tagen und Wochen in diversen in- und ausländischen Medien zu vernehmen waren, könnte man fast den Eindruck bekommen, dass alles halb so tragisch sei. Fußball, das ist ja noch immer das Geschehen am Rasen, alles andere sind Nebengeräusche – so der Tenor. Sieht man Fußball rein als sportlichen Wettkampf zwischen zwei Mannschaften an, mag das korrekt sein. Aus Fan-Sicht ist es aber zu kurz gegriffen. Für uns ist Fußball eben mehr als Sport, genauso wie ein Stadionbesuch mehr ist, als 22 Mann zwei Halbzeiten lang auf die Füße zu schauen.
Fußball ist ein soziales Event, das nicht erst mit dem Anpfiff beginnt und weit über 90 Minuten hinausgeht. Ein Anlass, zu dem wir unsere Freunde treffen und Freundschaften pflegen, ein festes Ritual und ein Ausgleich, auf den man hinfiebert. Eine Möglichkeit, den Alltag für ein paar Stunden hinter sich zu lassen, Probleme auszublenden und für kurze Zeit ganz im Hier und Jetzt zu leben, als Teil einer Gemeinschaft, geeint alleine durch den Wunsch, Sturm siegen zu sehen. Das Würstel am Vorplatz, das Bier nach dem Match, die Vorbesprechungen, die Nachdiskussionen – auch das alles ist Teil des Fußballs, so wie wir ihn uns wünschen.
Fußball ist geteilte Emotion – oder besser: ein Wechselbad von Emotionen, die man gemeinsam mit den Menschen rund um sich durchlebt. Fußball kann Angst, Anspannung, Wut, Entsetzen und Enttäuschung sein. Und schon im nächsten Moment in grenzenlose Freude, Erleichterung, Euphorie und Ekstase umschlagen. Fußball kann fassungslos machen oder zu Freudentränen rühren, eine Gelegenheit bieten zu schimpfen, zu schreien und zu jubeln, wie es in einer sonst durchregulierten Gesellschaft kaum noch möglich ist. Fußball ist außerdem, wenn man spürt, dass der Funken von den Tribünen auf die Burschen am Feld übergesprungen ist und etwas zurückkommt. Fußball im Stadion zu verfolgen, heißt zu merken, dass das Publikum keine Ansammlung passiver Konsumenten darstellt, sondern entscheidend am Geschehen beteiligt ist.
Fußball ist ein Sound, tausende Stimmen die aufeinander abgestimmt sind und zu einer verschmelzen. Fußball ist der Rhythmus der Trommeln, ein Torjubel, der sich ewig anfühlt, ein Pfeifkonzert, das Klatschen, das ständige Raunen, die Ruhe vor dem Sturm. Das Vibrieren der Ränge, das Beben der Kurve. Fußball ist der Geruch von Bier, Schweiß, Rauch und Schnitzelsemmeln, die Hitze des Sommers, das Frieren im Winter, ein Rausch einzigartiger Eindrücke, Empfindungen und Gefühle, die uns durchs Leben begleiten.
Das ist der Fußball, den wir wollen. Den uns eine Fernsehübertragung niemals geben können wird. Und der auch in einem Stadion mit Zuseherkontingenten oder Sicherheitsabständen nicht stattfinden kann. Uns ist bewusst, dass die wirtschaftliche Logik des modernen Fußballs eine Austragung der Spiele unumgänglich macht. Wir wollen aber darauf hinweisen, dass es nicht der Fußball ist, den wir lieben. Aber er wird wiederkommen.