SK Sturm Graz – SK Rapid Wien, 1:3
Samstag, 25.10.2014, 16:00 Uhr
Liebenauer Stadion, 14.350 Zuseher (ca 1500 Gästefans)
Bundesliga 2014/15, 13. Runde
Es war wieder soweit. Sturm gegen Rapid. Graz gegen Wien. Schwarz-Weiß gegen Grün-Weiß. Im Jahr 2014, in welchem man Woche für Woche auf Kapazunder wie Wiener Neustadt oder Grödig trifft, definitiv das Highlight des Ligaalltags für jeden Sturmfan, und das gleich im Doppelpack, da direkt auf das Liga-Heimspiel das Cup-Auswärtsspiel gegen die Hütteldorfer folgen sollte, wenngleich aufgrund des Stadionneubaus nicht im 14. Bezirk, sondern im Prater. Aber zurück zum Heimspiel. Eine Begegnung, die insbesondere durch die Ansetzung am Samstag, da der ORF freundlicherweise den Knüller Grödig gegen Red Bull als Livespiel am Sonntag angesetzt hatte, auf viel hoffen ließ, namentlich ein volles Stadion, eine explodierende Kurve, endlich mal wieder einen würdigen Gegner auf der Tribüne gegenüber sowie einen Kampf seitens der Mannschaft, wie er Sturm ausmacht: Dass am Feld Blut, Schweiß und Tränen vergossen werden, sollte (nicht nur) gegen Rapid unabhängig von der Terminisierung sowieso Standard sein.
Sportlich war man sich vor dem nunmehr dritten Spiel unter dem neuen alten Trainer Franco Foda im Vorhinein bewusst, dass es gegen Rapid, die sich mittlerweile mit 3 Punkten mehr im Gepäck als Sturm auf den dritten Tabellenplatz vorgeschoben hatte, auf jeden Fall keine „gmahte Wiesn“ werden würde, insbesondere auch wegen der Gelbsperre des derzeit besten Torschützen im Sturmdress, Marco Djuricin, und unter dem Eindruck der katastrophalen Leistung unserer Mannschaft gegen den Tabellenletzten am Sonntag zuvor.
Nichtsdestoweniger traf man sich guter Dinge und zuversichtlich gegen Mittag bei fast schon winterlichen Temperaturen am Stadionvorplatz, um sich auf das Spiel einzustimmen. Wieder andere hatten schon den halben Vormittag damit verbracht, letzte Vorbereitungen für die heutigen Choreographien zu treffen, welche ganz im Zeichen des zwanzigjährigen Jubiläums der Brigata Graz stehen sollten. So wurden beim Einlauf der Mannschaften drei große schwarz-weiße Überzieher hochgezogen, die das bekannte Brigata-Wappen sowie den Schriftzug NUCLEO, über dessen Bedeutung man sich in der letzten Ausgabe der Schwarzmalerei oder bei der BG selbst informieren kann, zeigten. Nach einigen Minuten wurde dieser Schriftzug gegen schwarze, weiße und grüne Plastikbänder ersetzt, während das Brigata-Wappen an seinem Platz in der Mitte der Kurve verblieb. Die Front der Kurve zierte ein langes schwarzes Plakat mit der Aufschrift „AVANTI BRIGATA“. Die Rapidler ihrerseits, die die beiden Auswärtssektoren erwartungsgemäß sehr gut füllten, sorgten mit einigen Papierrollen sowie reichlich Pyrotechnik für ein würdiges Ambiente, wenngleich da in der Vergangenheit auch schon mehr kam.
Zwei alte Bekannte
Die Grün-Weißen aus Wien spielten heute mit gleich vier ehemaligen Sturmspielern im Kader: Neben den beiden zentralen Figuren der Abneigung seitens der Sturmanhänger, Florian Kainz und Robert Beric, liefen Stefan Stangl und natürlich der Ohrwaschlkaktus mit der Nummer 6 auf. Letztere beiden jedoch sorgten weder im Vorfeld, noch während der Partie für Aufregung, war es doch das erste Mal seit dem Wechsel des einstigen Hoffnungsträgers Kainz und des Unsummen teuren Beric von der Mur an die Donau, dass diese beiden Reizfiguren, nun in grün-weiß, ins Liebenauer Stadion zurückkehren sollten. Hatte ersterer vor allem durch seine Hinterhältigkeit, nach ewigen, sich wiederholenden Beteuerungen, es gäbe nur Sturm in Österreich für ihn, während der Meisterschaft zum Konkurrenten aus Wien zu wechseln für Unmut gesorgt, bewies und beweist letzterer am und abseits des Feldes immer wieder, wes Geistes Kind er ist, was vom medialen Nachtreten auf Sturm bis hin zur roten Karte wegen Tätlichkeit im ersten Spiel gegen seine alten Teamkameraden reicht. Ein Ungustl Marke Naumoski, dem zwar niemand eine Träne nachweint, der sich allerdings redlich Mühe gibt, sich im Nachhinein noch besonderer Antipathie des schwarz-weißen Anhangs zu versichern. Umstände, die natürlich auch für entsprechende Brisanz bei diesem Duell der zwei größten Klubs des Landes sorgten. Beiden Spielern ließ man dementsprechend eine verbale Begrüßung angedeihen, insbesondere Florian Kainz wurde das ganze Spiel über lautstark kundgetan, was man in Graz von ihm und seinem verschlagenen Charakter hält. Des Weiteren wurde am Rande der Kurve ein Sauschädel mit Kainz-Trikot und Rapidschal angebracht, um nochmals die Aversion gegenüber diesem Heuchler zu untermauern.
Zwei bittere Gegentreffer
Die Stimmung seitens des Gästeblocks war zwar in den ersten 10-15 Minuten sehr gut spürbar und laut, flaute jedoch dann ab und entfachte in der ersten Halbzeit nur nach den zwei Toren für wenige Minuten wieder. Die Nordkurve präsentierte sich in Halbzeit 1, abgesehen von der sehr gelungenen Choreographie der BG, teilweise ebenfalls nicht so gut wie man es angesichts dieser Partie hätte erwarten können. Zwar durchwegs laut und einige Male auch über einen kurzen Zeitraum sehr laut, allerdings eben nicht so mächtig und überkochend wie erhofft und wie es bei Partien gegen einen entsprechenden Gegner oft der Fall ist.
Am Feld dominierte der SCR vor, wie sich nun herausstellen sollte, nur fast vollem Haus, in der Anfangsphase ganz klar, war eindeutig giftiger und immer den Tick schneller am Ball, zwingende Chancen konnten die Grünen allerdings auch keine erspielen. Nach einiger Zeit hatte sich Sturm erfangen und besser auf Rapid eingestellt, aber auf eine kurze Drangperiode der Rapidler folgte der zu diesem Zeitpunkt verdiente Führungstreffer für die Grün-Weißen. Sturm versuchte, nicht zurückzustecken und kam zu der einen oder anderen Chance, kurz vor Halbzeit aber schob dann ausgerechnet unser alter Freund Beric nach katastrophalem Abwehrverhalten absolut haltbar an Gratzei vorbei ins lange Eck zum 0:2 ein. Dieses Tor musste Beric entsprechend seinem Charakter natürlich mit provokanten Gesten direkt vor der Nordkurve feiern, was den Unmut auf den Tribünen logischerweise steigen ließ, ihm allerdings auch eine gelbe Karte einbrachte, welche später noch Folgen haben sollte. Leider war, die erste Halbzeit gesamt betrachtet, die Führung für Rapid durchaus nicht unverdient.
Neue Hoffnung, schnell zunichte gemacht
Nachdem man sich in der Halbzeit erbost über den suboptimalen Spielstand und wie man dagegen ankäme unterhalten hatte, während auf dem Feld ein paar Perchten in Damenbegleitung eine Tanzshow abzogen, wurde die zweite Hälfte mit einer weiteren Choreographie der Brigata eingeleitet: Über die ganze Kurve wurde ein großer schwarzer Plastiküberzieher in die Höhe gezogen, der mit durchsichtigem Plastik den von der ersten Choreo bekannten Slogan „AVANTI BRIGATA“ sowie in der Mitte den Brigata-Totenkopf mit dem Fischerhut zeigte, was durch Bengalen dahinter zum Leuchten gebracht wurde. Ergab die Choreo einerseits ein großartiges Bild wie man es nur selten sieht, wurde man dadurch in der Nordkurve andererseits darum gebracht, den unmittelbar nach Wiederanpfiff gefallenen Anschlusstreffer mit eigenen Augen bewundern zu dürfen, und erfuhr via Stadionsprecher, dass Thorsten Schick ihn erzielt hatte.
Dieser Treffer gab Sturm Mut zur Hoffnung, denn die Leistung wurde verglichen mit Halbzeit eins deutlich gesteigert und nun waren die Schwarz-Weißen eindeutig feldüberlegen, ähnlich wie die Wiener zu Beginn des Spiels. Doch trifft leider die alte Weisheit, dass man die Tore, die man nicht schießt, bekommt, zu und so netzte in der 65. Minute Rapid-Verteidiger Dibon nach an und für sich harmlosem Freistoß aus 7 Metern per Kopf zum 1:3, wobei sich hier wie beim zweiten Tor eine indisponierte Abwehr und ein unfähiger Tormann zu einer infernalen Defensive verbanden, der man diese ganze Niederlage anlasten muss. Obwohl Sturm sich nach diesem weiteren Rückschlag bemühte, früh zu attackieren und nach vorne zu spielen, war mit dem 1:3 die Partie gelaufen. Kurz vor Schluss dann jedoch noch ein Highlight: Robert Beric, der für seinen provokanten Torjubel schon die gelbe Karte gesehen hatte, griff Hadzic bei einem Kopfball unnötigerweise ins Gesicht, sah daher zu Recht die gelb-rote Karte und wurde unter Pfiffen und mit doch einer gewissen Häme von den Tribünen aus verabschiedet. Nach dem Spiel zeigte sich Beric im Interview wenig einsichtig, sei er doch von Seiten der Grazer Fans „the full game provozieren“ worden, was ebenfalls eine gewisse Genugtuung begründet.
Die Stimmung in der Nordkurve war in der zweiten Halbzeit wechselhaft zwischen solide und sehr gut, aber wie in der ersten Halbzeit fehlte es doch irgendwie an dem gewissen Etwas, das sonst derartige Spiele ausmacht. Das Gegenüber auf der Südtribüne zeigte sich auch nicht so gut aufgelegt, wie man es von Rapid mal gewohnt war und wurde nur phasenweise, unter gelegentlichem Einsatz von Pyrotechnik, laut, insbesondere natürlich unmittelbar nach dem Treffer.
Die Nordkurve wiederum präsentierte ein Spruchband, welches sich aus gegebenem Anlass unmissverständlich gegen den ausufernden Polizeistaat richtet. Gegen Ende des Spiels wurden dann noch das zum Kainz-Sauschädel gehörende Trikot sowie der Rapidschal verbrannt und dem Betreffenden noch das eine oder andere Ständchen gebracht.
Auf ein Neues!
Alles in allem kann man, trotz des nicht zufriedenstellenden Ergebnisses, auf einen netten Fußballnachmittag zurückblicken, der, wenngleich nicht ganz die hohen Erwartungen erfüllend, selbstredend ein absolutes Highlight zwischen all den drögen Partien in irgendwelchen Suburbs, die mittlerweile den Ligaalltag in Österreich bestimmen, darstellt. Die Mannschaft präsentierte sich streckenweise durchaus gut und die Kurve kann sich auch kaum etwas vorwerfen: Zur doch ziemlich guten Stimmung kommen zwei bzw zweieinhalb großartige Choreos zum Zwanziger der Brigata und mit 14.350 Zusehern war endlich wieder mal richtig was los in Graz-Liebenau. Jetzt heißt es aus den Fehlern lernen, um am Mittwoch im Praterstadion Rapid aus dem Cup zu schmeißen und sich damit für die heutige Niederlage zu revanchieren.
PS: Die Becherspenden dieses Tages werden, wie auch bei den zwei verbleibenden Heimspielen der Wintersaison, nicht wie üblich für Choreographien verwendet, sondern im Rahmen der Aktion „Schwoaze helfen“, die sich schon letztes Jahr großen Erfolgs erfreuen durfte, karitativen Zwecken zugeführt. Ebenso gab es gegen Rapid die Möglichkeit, bei der Unita Feuerzeuge und Schlüsselanhänger für eine freiwillige Spende, welche dem Down Syndrom Zentrum Leoben zukommen wird, zu erwerben. Auch diese Möglichkeit besteht während der nächsten beiden Heimspiele noch. Über weitere karitative Aktionen könnt ihr euch am Schwarzen Brett informieren!
– AlexP –
Fotos: Klassische Version | Mobile Version
Video: Video