FK Austria Wien – SK Sturm Graz 0:3
Samstag, 01. November 2014, 16:00 Uhr
Franz-Horr-Stadion, 9.052 Zuseher (ca. 500 Gästefans)
Bundesliga 2014/15, 14. Runde
Prolog
Mit einer denkbar schlechten Bilanz aus den ersten beiden Spielen der Wiener Festwoche im Gepäck startete man in den dritten und letzten Akt. Weder beim Heimspiel gegen die Grünen aus Hütteldorf, noch bei der Chance auf Revanche beim Cup-Achtelfinale im Prateroval wussten die Schwoazen am Spielfeld zu überzeugen. Die magere Ausbeute von null Punkten, dem Cup-Aus und lediglich einem Tor gegen Rapid Wien ließ nur wenig Optimismus vor dem nächsten Wienbesuch aufkommen.
Doch wie so oft in letzter Zeit, wenn die spielerischen Leistungen schwer zu wünschen übrig lassen, wird die Motivation aus anderen Quellen geschöpft. So ließen sowohl die Verkehrsmittelwahl bei der Anreise als auch die Tatsache, dass der letzte Besuch des Horr-Stadions schon 685 Tage zurücklag zumindest ein solides Level an Vorfreude aufkommen. Nachdem die Verantwortlichen der Austria Wien endlich ihre horrenden Eintrittspreise für Auswärtsfans gesenkt hatten und der Preis nun bei 18 statt 25!!! Euro pro Karte lag, stand einer Zusammenkunft im Awaysektor des Horrstadions nach fast zwei Jahren nichts mehr im Wege. An dieser Stelle sei aber betont, dass auch diesmal den jüngeren Aficionados eine Ermäßigung verwehrt blieb.
Bei strahlendem Sonnenschein versammelte sich am späten Vormittag eine ordentliche Schar von Sturm-Anhängern am Grazer Bahnhof, um ein weiteres Mal in dieser Woche die Reise nach Wien anzutreten. Nicht den Heiligen sondern der Erinnerung daran, dass es einmal besser war, sollte gedacht werden und so stärkte man sich im Zug nicht mit Allerheiligenstritzl, sondern löschte den mittäglichen Durst lieber mit ein paar Bierchen. Die Zugfahrt gestaltete sich als kurzweiliges Vergnügen bei dem die Grazer mit vorbildlichem Benehmen glänzten und sich schon mal auf das bevorstehende Spiel einstimmten.
Angekommen in Meidling wurden die Szenevertreter sogleich von einer Hundertschaft der Polizei willkommen geheißen und in die Wiener Unterwelt geleitet. Drei U-Bahnlinien, zwei Mal umsteigen und eine halbe Stunde Fußmarsch später war man dann endlich mit einem gemütlichen Zeitpolster bis zum Spielbeginn an der Heimstätte der Veilchen angekommen und so fand man sich seit ewigen Zeiten recht schnell im Inneren des Horrstadions wieder.
Einmal Marko, zweimal Marco
Kurz vor Ankick um 16 Uhr starteten die Grazer Schlachtenbummler mit gewohnt solidem Support in das Spiel. Auf der gegenüberliegenden Seite, der Heimat der Viola Fanatics, tat sich hingegen kaum bis gar nichts. Nur eine einzige einsame Zaunfahne zierte verkehrt befestigt den Oberrang der Osttribüne und kaum eine gegnerische Stimme war zu vernehmen. Mit den verwaisten Zäunen sollte ein Zeichen gesetzt werden gegen die zunehmende Repression und vor allem gegen die zahlreichen Stadionverbote für die führenden Köpfe der violetten Fanszene, die nur ein paar Tage vor dem Spiel ausgesprochen wurden.
Die Totengräberstimmung bei den Heimfans wurde nur selten durchbrochen und die einzigen Male, dass die Veilchen im Sektor optisch in Erscheinung traten, waren beim mehrmaligen Präsentieren von Spruchbändern mit dem Aufruf, sich Karten für das Derby zu sichern. Aus spielerischer Perspektive war die Ausgangssituation für Sturm Graz und Austria Wien in der Tabelle die exakt gleiche, dennoch waren die Vorzeichen für die Violetten die positiveren. Diese Erwartungshaltung bestätigte sich auch in den ersten Minuten des Spiels. Die Leistung von Sturm schien nahtlos an die vergangenen Spiele anzuschließen. Doch das Blatt sollte sich schnell wenden.
Nach einer Viertelstunde versuchte sich nach Djuricin und Hadzic auch das Ex-Veilchen Stankovic daran, den Ball im Tor unterzubringen und diesmal sollte es auch gelingen. Völlig gegen den Spielverlauf lagen nach 15 Minuten nun die Schwarz-Weißen in Führung und Stankovics Tor war nur die Initialzündung für ein lang ersehntes Fußballfeuerwerk. Endgültig brachen dann alle Dämme, sowohl auf der Tribüne, als auch auf dem Spielfeld, als Djuricin einen Hadzic-Pass in Minute 42 zum 0:2 verwandelte. Ein Freudenfeuerchen wurde auf den Rängen der mitgereisten Schwoazen entzündet und mit voller Inbrunst feierte der schwarz-weiße Anhang die längst verloren geglaubten Tugenden der Mannschaft am Feld. Defensiv sicher, hohes Tempo mit einer gehörigen Portion Kampfgeist und Angriffslust. Die mitgereisten Fans trauten kaum ihren Augen, was da am Spielfeld erstmals seit ewigen Zeiten zu sehen war, und so mancher fühlte sich vom Spielgeschehen auch zu einem kleinen Tänzchen im Sektor inspiriert.
In der zweiten Halbzeit sollte dem Ergebnis noch das I-Tüpfelchen aufgesetzt werden. Kurz nach Anpfiff der zweiten Hälfte hatte sich der Awaysektor erneut in ein leuchtendes Meer aus Pyrotechnik verwandelt, untermalt von den lautstarken Gesängen der Kurve. Abermals war es Djuricin, der in bester Goalgettermanier den Spielstand auf 3:0 für die Blackies hochschraubte. Sowohl im Cup mit sechs Toren, als auch in der Bundesliga mit nunmehr acht Toren rangiert letzterer nun auf Platz zwei der Torschützenlisten. Gefälliges Konterspiel der Sturmspieler und eine Austria, die dem wenig entgegenzusetzen hatte, machten auch die zweiten 45 Minuten zu einem ansehnlichen Spektakel, dessen Schlusspfiff nahtlos in das Feiern der eigenen Mannschaft überging.
Wiedergutmachung im dritten Akt
Mittlerweile hatte sich dichter Nebel über die Gemeindebauten von Favoriten gelegt und eine rasche Rückkehr der selig lächelnden Sturmfans wurde von der Wiener Polizeieinsatzleitung forciert. Noch einmal ging es quer durch die Betonwüste des 10. Bezirks und per U-Bahn wieder zurück zum Bahnhof. Mit der Erinnerung daran, dass es diesmal wirklich schöner war, gönnten sich dann Einige zur Feier des Tages ein Klassenupgrade für mehr Beinfreiheit und vor allem in komfortabler Nähe zur nächsten Bierquelle. Bleibt nur zu hoffen, dass dieser Lichtblick nicht nur ein vereinzelter Sonnenstrahl auf den bisher tristen Ligaalltag war, sondern in Zukunft wieder eine vermehrte Anzahl an Sonnenstunden bereit hält. Die Chance darauf bietet sich schon am kommenden Samstag in Klagenfurt. In diesem Sinne: ALLE NACH KÄRNTEN!
-Marie-
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